Der EU Data Act, seit dem 12. September 2025 in der gesamten EU anwendbar, verändert die KFZ-Schadensbewertung grundlegend. Fahrzeughalter können nun Echtzeitdaten ihrer Fahrzeuge an Dritte wie Versicherer oder Werkstätten weitergeben. Dies führt zu schnelleren, präziseren Prozessen und mehr Wettbewerb. Gleichzeitig bleibt der Datenschutz durch die DSGVO gewährleistet.
Kernpunkte:
- Vorher: Fahrzeughersteller kontrollierten die Daten, der Zugang war komplex und zeitaufwendig.
- Jetzt: Standardisierte, herstellerunabhängige Schnittstellen ermöglichen Echtzeit-Datenaustausch.
- Vorteile: Schnellere Gutachten, präzisere Ergebnisse, neue Geschäftsmodelle.
- Herausforderungen: Höhere Compliance-Kosten, komplexe Datenschutzanforderungen.
Die Neuerungen fördern Effizienz und Transparenz in der Branche, erfordern jedoch Investitionen in sichere Dateninfrastrukturen.
1. KFZ-Schadensbewertung vor dem EU Data Act
Datenzugang
Vor dem EU Data Act hatten Fahrzeughersteller nahezu die alleinige Kontrolle über Fahrzeugdaten. Diese wertvollen Informationen, darunter Daten von Crash-Sensoren und Diagnosesystemen, wurden in abgeschotteten Datensilos gespeichert. Für Gutachter war der Zugriff auf diese Daten oft umständlich und nur über spezielle Anfragen oder externe Geräte wie Dongles und Apps möglich. Das führte zu erheblichen Verzögerungen und erschwerte eine schnelle und präzise Bewertung von Schäden.
Die Hersteller nutzten ihre Datenhoheit gezielt als Wettbewerbsvorteil, indem sie den Zugang stark einschränkten. Dieses Vorgehen machte den Austausch von Daten unnötig kompliziert und verlangte aufwendige manuelle Prozesse.
Datenaustausch
Der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Beteiligten in der KFZ-Schadensbewertung war vor der Einführung des Data Act zeitaufwendig und größtenteils manuell. Versicherungen mussten für Telematik-Tarife eigene Hardwarelösungen entwickeln, da sie keinen direkten Zugriff auf die Sensordaten der Fahrzeuge hatten. Auch bei Pay-as-you-drive-Tarifen wurden nahezu alle relevanten Fahrdaten ausschließlich über externe Sensoren erfasst.
Ein weiteres Problem war die fehlende Standardisierung. Jeder Fahrzeughersteller setzte auf eigene, proprietäre Systeme, was es Drittanbietern erschwerte, die Daten in ihre Bewertungsplattformen zu integrieren. Diese mangelnde Interoperabilität führte zu höheren Kosten und einer zusätzlichen Komplexität für Dienstleister.
Datenschutzanforderungen
Neben den technischen Hürden gab es auch rechtliche Herausforderungen. Bereits vor dem EU Data Act regelte die DSGVO den Umgang mit Fahrzeugdaten. Gutachterbüros mussten sicherstellen, dass personenbezogene Daten nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der Fahrzeughalter genutzt wurden. Diese strikten Datenschutzvorgaben machten den Datenaustausch noch komplizierter, da jede Übertragung einzelner Daten eine explizite Einwilligung erforderte.
Technologische Integration
Die fehlende Integration moderner Technologien war ein weiterer Stolperstein für effiziente Schadensbewertungen. Viele Dienstleister setzten auf manuelle Inspektionen, Papierdokumentationen und nicht-standardisierte digitale Tools. Fortschrittliche Telematik- und Sensordaten blieben meist den Fahrzeugherstellern oder deren Partnern vorbehalten.
Obwohl die Digitalisierung der Fahrzeugtechnik immer mehr Daten verfügbar machte, wurden diese aufgrund der restriktiven Zugriffsrechte kaum genutzt. Die fehlende Standardisierung bremste die Einführung digitaler Lösungen in der gesamten Branche erheblich.
2. KFZ-Schadensbewertung nach dem EU Data Act
Mit dem Inkrafttreten des EU Data Act steht die KFZ-Schadensbewertung vor einem grundlegenden Wandel. Bislang war der Zugang zu Fahrzeugdaten stark eingeschränkt, doch das ändert sich jetzt radikal.
Datenzugang
Ab dem 12. September 2025 wird der EU Data Act verbindlich und verändert den Zugang zu Fahrzeugdaten grundlegend. Hersteller moderner SDVs (softwaredefinierte Fahrzeuge) müssen ihre bisherige Kontrolle über die Fahrzeugdaten aufgeben und diese autorisierten Dritten zugänglich machen. Das bedeutet, dass unabhängige Akteure wie freie Werkstätten und Sachverständige künftig standardisierten und diskriminierungsfreien Zugang zu Fahrzeuginformationen erhalten. Dazu zählen Daten wie Reparatur- und Wartungsinformationen sowie OBD-Daten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat klargestellt, dass der Zugriff nicht an zusätzliche Bedingungen geknüpft werden darf.
Mit diesem erweiterten Zugang können Gutachter auf wichtige Echtzeit-Daten wie Fahrzeugposition, Route, Ölstand, Verbrauch und Reifendruck zugreifen. Das beschleunigt nicht nur die Schadensbewertung, sondern macht sie auch präziser. Dieser verbesserte Zugang ist der Schlüssel zu einem effizienteren Datenaustausch, der im nächsten Abschnitt näher betrachtet wird.
Datenaustausch
Durch die Standardisierung von Schnittstellen wird ein herstellerunabhängiger Datenaustausch in Echtzeit möglich. Für die KFZ-Schadensbewertung bedeutet das, dass Werkstätten, Versicherungen und Sachverständige über einheitliche Schnittstellen auf relevante Fahrzeugdaten zugreifen können. So können Versicherer nach einem Unfall direkt auf Live-Daten zugreifen, um Abschleppdienste zu organisieren, den Schaden einzuschätzen und dem Kunden schnell ein Angebot zu machen.
Datenschutzanforderungen
Der EU Data Act schafft einen rechtlichen Rahmen, der den Zugang zu Daten erleichtert, gleichzeitig aber Geschäftsgeheimnisse und die Fahrzeugsicherheit schützt. Personenbezogene Daten bleiben weiterhin durch die DSGVO geschützt, während nicht-personenbezogene Daten, die während der Fahrzeugnutzung entstehen, nur auf Basis vertraglicher Vereinbarungen verarbeitet werden dürfen. Das ermöglicht es Sachverständigen, auf operative Fahrzeugdaten zuzugreifen, während Hersteller sicherheitskritische Informationen weiterhin schützen können. Die Automobilbranche steht dabei vor der Herausforderung, diese Anforderungen rechtzeitig umzusetzen und gleichzeitig hohe Datenschutz- und Sicherheitsstandards einzuhalten.
Technologische Integration
Die neuen Regelungen eröffnen außerdem Möglichkeiten für automatisierte Prozesse in der Schadensbewertung. Bei einem Unfall können Versicherer und Reparaturservices in Echtzeit Abschleppdienste organisieren, Schäden bewerten, Mietwagen bereitstellen, Ersatzteile bestellen und Werkstatttermine koordinieren. Bei schweren Unfällen können sogar medizinische Hilfsmaßnahmen auf Basis von Crash-Daten eingeleitet werden.
Automatisierte Systeme bieten Kunden zudem sofortige Reparatur- oder Auszahlungsoptionen, die auf einer objektiven Analyse der Fahrzeugdaten basieren. Durch die Nutzung von Big-Data-Analysen können Risiken und Schadensmuster besser erkannt werden. Moderne KI-Systeme bereichern Fahrzeugdaten mit zusätzlichem Kontext und ermöglichen so noch genauere Bewertungen.
Die CUBEE Sachverständigen AG profitiert von diesen technologischen Fortschritten, indem sie ihre digitalisierten Gutachtenprozesse mit den neuen Datenzugängen weiter optimiert. Sowohl an den Container-Standorten als auch bei mobilen Begutachtungen sorgt der standardisierte Datenzugang für schnellere und präzisere KFZ-Gutachten.
Vorteile und Nachteile
Der EU Data Act bringt grundlegende Veränderungen für die KFZ-Schadensbewertung mit sich – mit klaren Vorteilen, aber auch Herausforderungen für alle Beteiligten.
Zentrale Veränderungen im Überblick
| Kriterium | Vor Data Act | Nach Data Act | Auswirkung |
|---|---|---|---|
| Zugang zu Fahrzeugdaten | Stark eingeschränkt, Hersteller kontrollieren | Offen für Halter, Werkstätten, Versicherungen, Gutachter | Schnellere, präzisere Gutachten, mehr Wettbewerb |
| Geschwindigkeit der Schadensbewertung | Langsam, oft manuelle Anfragen nötig | Deutlich schneller, digitalisiert | Effizientere Prozesse, geringere Kosten |
| Innovation & Wettbewerb | Eingeschränkt durch Datensilos | Neue Geschäftsmodelle, mehr Anbieter | Mehr Auswahl, bessere Tarife für Verbraucher |
| Datenschutz & Compliance | Fokus auf DSGVO, weniger technische Anforderungen | Zusätzliche Compliance-Pflichten, höhere Kosten | Unternehmen müssen investieren, aber mehr Transparenz |
| Kontrolle der Fahrzeughalter | Eingeschränkt | Gestärkte Rechte, freiwillige Datenfreigabe | Mehr Selbstbestimmung, aber auch Verantwortung |
| Schutz von Geschäftsgeheimnissen | Einfacher, da weniger Daten geteilt werden | Herausfordernder, da mehr Daten geteilt werden müssen | Risiko für Hersteller, Notwendigkeit technischer Lösungen |
Diese Übersicht gibt einen ersten Einblick in die weitreichenden Veränderungen und dient als Grundlage für die detaillierte Betrachtung der Vor- und Nachteile.
Die wichtigsten Vorteile
Der EU Data Act bringt zahlreiche Vorteile mit sich, die insbesondere die Schadensbewertung effizienter und kundenfreundlicher machen.
Schnellere Schadensbewertung: Dank standardisierter Datensätze haben Gutachter direkten Zugriff auf relevante Fahrzeugdaten. Das erspart zeitaufwändige Anfragen bei Herstellern und beschleunigt die Gutachtenerstellung erheblich.
Präzisere Ergebnisse: Echtzeitdaten wie Crash-Informationen, Sensordaten und der Fahrzeugstatus ermöglichen deutlich genauere Bewertungen. Dadurch werden Fehler minimiert und die Transparenz erhöht.
Neue Geschäftsmodelle: Die Öffnung der Fahrzeugdaten schafft Raum für innovative Ansätze. Beispiele sind Telematik-Tarife oder automatisierte Prozesse, die Abschleppdienste, Schadensbewertungen und Reparaturtermine nahtlos miteinander verbinden.
Die größten Herausforderungen
Trotz der Vorteile bringt der EU Data Act auch erhebliche Herausforderungen mit sich, die Unternehmen bewältigen müssen.
Steigende Compliance-Kosten: Unternehmen stehen vor der Aufgabe, technische und organisatorische Maßnahmen zu implementieren, um die neuen Vorschriften zu erfüllen. Dazu gehört unter anderem die sichere Übertragung und Klassifizierung von Daten gemäß den Datenschutzanforderungen.
Komplexer Datenschutz: Die Kombination von EU Data Act und DSGVO erhöht die Anforderungen an die Datenverwaltung. Unternehmen müssen Daten sorgfältig klassifizieren und robuste Sicherheitsmaßnahmen einrichten, um den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden.
Schutz von Geschäftsgeheimnissen: Hersteller sehen sich vor der Herausforderung, mehr Daten freizugeben, ohne dabei sicherheitsrelevante Informationen preiszugeben. Dies erfordert innovative technische Lösungen und differenzierte Zugriffskontrollen.
Auswirkungen auf verschiedene Akteure
Die Auswirkungen des EU Data Act sind je nach Akteur unterschiedlich, bringen jedoch für alle Beteiligten tiefgreifende Veränderungen mit sich.
Fahrzeughalter profitieren von mehr Kontrolle über ihre Daten. Sie können frei entscheiden, welche Sachverständigen sie für die Schadensbewertung beauftragen möchten.
Hersteller stehen vor der Aufgabe, ihre Datenpolitik zu überdenken. Die Rolle wechselt von der eines Datenhüters zu der eines Datenbereitstellers. Dies führt zu höheren operativen Kosten, fördert aber auch Transparenz und Wettbewerb.
Sachverständige, wie etwa die CUBEE Sachverständigen AG, können dank digitalisierter Prozesse schneller und präziser arbeiten. Der standardisierte Zugang zu Fahrzeugdaten verbessert sowohl stationäre als auch mobile Gutachten, was letztlich die Kundenzufriedenheit steigert.
Die Investitionen in sichere Dateninfrastrukturen und die Einhaltung der neuen Vorschriften werden langfristig durch effizientere Abläufe und bessere Ergebnisse belohnt.
Fazit
Die bisherigen Analysen verdeutlichen, wie der EU Data Act den Zugang zu Daten und die Abläufe in der KFZ-Schadensbewertung grundlegend verändert hat. Die Verordnung, die seit dem 11. Januar 2024 in Kraft ist und ab dem 12. September 2025 EU-weit direkt gilt, stellt die Branche auf den Kopf.
Eine der zentralen Neuerungen: Fahrzeughalter erhalten erstmals die volle Kontrolle über ihre Fahrzeugdaten. Gleichzeitig profitieren Sachverständige von einem standardisierten und diskriminierungsfreien Zugang zu diesen Daten. Hersteller verlieren ihre bisherige exklusive Rolle als Datenhüter und müssen Informationen bereitstellen, was Innovationen und Wettbewerb fördert.
Die Schadensbewertung entwickelt sich langfristig von manuellen, zeitaufwendigen Prozessen hin zu automatisierten und präzisen Echtzeitbewertungen. Das eröffnet neue Möglichkeiten, wie personalisierte Versicherungsangebote und dynamische Tarife – beispielsweise im Rahmen von Pay-as-you-drive-Modellen – durch den erweiterten Datenzugang. Diese Veränderungen schaffen Raum für neue Geschäftsmodelle und innovative Dienstleistungen.
Für Unternehmen wie die CUBEE Sachverständigen AG ergeben sich daraus klare Chancen: CUBEE sollte Schnittstellen für den Echtzeit-Datenaustausch sowie KI-gestützte Analysesysteme einführen, um automatisierte und präzise Gutachten zu ermöglichen. Mit seinen bereits digitalisierten Prozessen, einem weitreichenden Netzwerk an Container-Standorten und mobilen Gutachtern ist CUBEE bestens aufgestellt, um diese Transformation zu nutzen. Diese technischen Fortschritte können langfristig entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern.
Auch wenn Investitionen in sichere Dateninfrastrukturen und Compliance-Maßnahmen zunächst hohe Kosten mit sich bringen, zahlen sie sich durch effizientere Abläufe, schnellere Gutachtenerstellung und eine gesteigerte Kundenzufriedenheit aus. Unternehmen, die jetzt die richtigen Schritte einleiten, haben die Chance, sich als führende Akteure der Branche zu etablieren.
Der EU Data Act wirkt somit als Treiber einer digitalen Transformation in der KFZ-Schadensbewertung, von der Fahrzeughalter, Sachverständige und die gesamte Branche nachhaltig profitieren werden.
FAQs
Wie schützt der EU Data Act die Privatsphäre von Fahrzeughaltern bei der erweiterten Nutzung von Fahrzeugdaten?
Der EU Data Act bringt klare Vorschriften für den Umgang mit Fahrzeugdaten, um die Privatsphäre der Fahrzeughalter zu sichern. Ein zentraler Punkt: Fahrzeugdaten dürfen nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Halters weitergegeben werden. Zudem wird sichergestellt, dass diese Daten ausschließlich für die zuvor vereinbarten Zwecke verwendet werden.
Darüber hinaus verpflichtet der Data Act Unternehmen dazu, transparente Prozesse für die Nutzung von Daten einzuführen. Gleichzeitig müssen sie die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einhalten. Das Ziel? Fahrzeughalter vor unbefugtem Zugriff oder Missbrauch ihrer sensiblen Informationen zu schützen.
Welche Hürden müssen Werkstätten und Versicherungen bewältigen, um den standardisierten Datenaustausch gemäß EU Data Act zu implementieren?
Die Einführung eines standardisierten Datenaustauschs stellt sowohl Werkstätten als auch Versicherungen vor einige Herausforderungen. Ein zentraler Punkt ist die Anpassung bestehender IT-Systeme, damit diese mit neuen Datenformaten und Schnittstellen kompatibel sind. Gleichzeitig muss der Schutz sensibler Kundendaten durch die Einhaltung höchster Sicherheitsstandards gewährleistet werden.
Darüber hinaus erfordert ein effizienter und rechtskonformer Datenaustausch optimierte Prozesse. Dies kann bedeuten, in Schulungen für Mitarbeiter, neue Softwarelösungen oder eine verbesserte Infrastruktur zu investieren. So wird sichergestellt, dass alle Beteiligten die neuen Anforderungen verstehen und erfolgreich umsetzen können.
Welche Auswirkungen hat der EU Data Act auf neue Geschäftsmodelle in der KFZ-Schadensbewertung?
Der EU Data Act eröffnet neue Wege für innovative Geschäftsmodelle in der KFZ-Schadensbewertung, indem er den Datenaustausch erleichtert und gleichzeitig sensible Informationen schützt. Unternehmen können so digitale Prozesse verbessern, die zu schnelleren und genaueren Schadensbewertungen führen.
Die Digitalisierung und der optimierte Austausch von Daten ermöglichen es zudem, Dienstleistungen wie mobile Begutachtungen oder die Nutzung zentraler Standorte noch stärker an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten. Das Ergebnis: weniger Zeitaufwand, mehr Transparenz und präzisere Gutachten.
Verwandte Blogbeiträge
- Warum Echtzeit-Daten die Zukunft der Fahrzeugbewertung sind
- Wie Cloud-Technologie die KFZ-Schadensbewertung verändert
- Telematik vs. traditionelle Schadensbewertung
- Wie beeinflussen Datenschutzgesetze den Datenaustausch in Europa?
